Berlin. In einem Krisengespräch im Bundeswirtschaftsministerium erklärten der Gesamtverband textil + mode und Vertreter besonders betroffener Branchenverbände, dass viele ihrer mittelständischen Unternehmen vor dem Aus stünden. Ingeborg Neumann, Präsidentin des Gesamtverbandes der deutschen Textil- und Modeindustrie, betont: „Die Verlängerung des Lockdowns ist für unsere mittelständischen Textilhersteller nicht mehr zu schultern!“. Sie treibe die deutsche Modeindustrie in den Ruin.

Die Bestellungen des Handels, der keine Ware im Laden verkaufen darf, gingen von Monat zu Monat zurück, da nach den Frühjahrs- und Sommerkollektionen 2020 auch die Herbst-/Winterkollektion 2020/21 zu großen Teilen liegen geblieben seien. Die Folgen des Einzelhandels-Lockdowns reichten für die Industrie deshalb schon jetzt bis weit ins nächste Jahr.
Ingeborg Neumann: „Wer als Industriebranche durch die Schließung des Modeeinzelhandels so massive Folgen zu tragen hat, braucht Hilfe. Die Uhr tickt, es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, um eine Pleitewelle noch abzuwenden. Wer weiterhin qualitativ hochwertige Mode von deutschen Marken haben will, muss jetzt helfen!"

Die Branche fordere die Bundesregierung deshalb auf, Herstellern und Einzelhändlern im gleichen Umfang den Wertverlust von saisonaler Ware als erstattungsfähige Kosten zu ermöglichen. Der weit überwiegende Teil der Kollektionen der deutschen Mode- und Schuhindustrie wird im stationären Handel verkauft. Alle Bekleidungs-, Schuh- und Lederwarenhändler seien deshalb unmittelbar durch die wochenlangen Schließungen des Modeeinzelhandels betroffen. Für den Branchenverband German Fashion warnte Präsident Gerd Oliver Seidensticker vor den Folgen: „Viele Mittelständler trotzen der Krise derzeit aus der Substanz, was jetzt mit der neuerlichen Lockdown-Verlängerung endgültig an die Grenzen des Machbaren kommt und Tausende von Existenzen in der Modeindustrie gefährdet.“

Ein Gros der rund 650 deutschen Schuh- und Bekleidungshersteller mit rund 65.000 Beschäftigten sind Traditionsmarken, die oft in dritter und vierter Generation Mode und Bekleidung produzieren. „Was uns mit den Lockdown-Maßnahmen und immer mehr Belastungen bei den Energiepreisen und durch gesetzliche Auflagen zugemutet wird, zwingt unsere werthaltige deutsche Modeindustrie in die Knie“, so Martina Bandte, Präsidentin des Branchenverbandes Gesamtmasche.

Der Winterlockdown betreffe die Modehersteller noch viel härter als der Frühjahrs-Lockdown, der bis zu 45 Prozent Umsatzeinbrüche zur Folge hatte. Die Finanzdecke sei im Laufe des Jahres für viele Hersteller immer dünner geworden, die Rücklagen seien aufgebraucht. In vielen Ländern Europas, wichtige Absatzmärkte für die Hersteller, sind die Geschäfte ebenfalls geschlossen. Es fehlten die Anlässe, einen neuen Ski-Anzug oder ein neues Kleid im Lockdown zu kaufen. Das Online-Geschäft gleiche die Verluste bei Bekleidung und Schuhen „nicht einmal im Ansatz aus.“
 

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